Demokratie und Menschenrechte in Deutschland

Deusar von der Abteilung für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen des US-Außenministeriums herausgegebene Jahresbericht 2012 über Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland vom 20. Mai 2013 in Bezug auf Deutschland:

(AD) Das Grundgesetz und die anderen Gesetze und politischen Maßnahmen schützen die Religionsfreiheit und der Staat hat die Religionsfreiheit in der Praxis im Allgemeinen geachtet. Die Grundrichtung bezüglich der Achtung der Religionsfreiheit durch die Regierung hat sich im Berichtsjahr nicht maßgeblich verändert. Die Regierung unternahm Schritte zur besseren Integration von Muslimen und anderen Minderheiten in die Gesellschaft, untersuchte und verfolgte Straftaten gegen religiöse Gruppen und förderte die Toleranzerziehung. Es gab allerdings Berichte über die Diskriminierung bestimmter religiöser Minderheiten auf Bundes- und Landesebene, insbesondere Scientology, Zeugen Jehovas und Muslime.

Es gab Berichte über gesellschaftliche Übergriffe aufgrund von Religionszugehörigkeit, Überzeugung oder Religionsausübung, insbesondere vonseiten rechtsgerichteter Gruppen und muslimischer Jugendlicher aus Einwandererfamilien gegen einzelne religiöse Minderheiten. Einige jüdische Friedhöfe waren von Vandalismus betroffen. Muslime wurden in einigen Fällen gesellschaftlich diskriminiert. Die römisch-katholische und die evangelische Kirche setzten weiterhin „Sektenbeauftragte“ ein, um die Öffentlichkeit vor den Gefahren zu warnen, die angeblich von einigen religiösen Gruppen wie der Vereinigungskirche, Scientology, Universelles Leben sowie der Transzendentalen Meditation ausgehen. Einige Arbeitgeber verlangen eine als „Sektenfilter“ bezeichnete schriftliche Vereinbarung von möglichen neuen Mitarbeitern, in der diese bestätigen, keinen Kontakt zu Scientology zu pflegen, nicht an Ausbildungskursen teilgenommen zu haben und die Lehren von Scientology abzulehnen. Prominente Persönlichkeiten der Gesellschaft unternahmen positive Schritte zur Förderung der Religionsfreiheit und Toleranz. Viele Mitglieder der Zivilgesellschaft, einschließlich des Zentralrats der Muslime in Deutschland, der türkischen Gemeinde und prominenter jüdischer Gruppen warben für Toleranz, interreligiösen Dialog und Bemühungen zur Verbesserung der Integration von Muslimen.

Die US-Regierung betonte ihre Unterstützung eines direkten Dialogs zwischen Vertretern religiöser Minderheiten und den zuständigen Regierungsvertretern. Die US-Botschaft pflegte den Austausch mit muslimischen Gemeinden durch Öffentlichkeitsarbeit sowie durch Austausch- und andere Programme, die die religiöse Toleranz, die Vielfalt und ein besseres Verständnis zwischen den religiösen Gruppen fördern.

Abschnitt I. Religiöse Demografie

Das Statistische Bundesamt schätzte die Bevölkerung 2011 auf 81,8 Millionen Einwohner. Es gibt keine offiziellen Statistiken über religiöse Gruppen. Inoffizielle Schätzungen und Zahlen, die von religiösen Organisationen zur Verfügung gestellt werden, weisen darauf hin, dass die römisch-katholische Kirche etwa 25 Millionen Mitglieder und die evangelische Kirche (ein Zusammenschluss der lutherischen, unierten evangelischen und evangelisch-reformierten Kirche) etwa 24 Millionen Mitglieder hat. Insgesamt machen diese beiden Gruppen mehr als 60 Prozent der Bevölkerung aus. Zu den anderen protestantischen Religionsgemeinschaften, die gemeinsam weniger als ein Prozent der Bevölkerung ausmachen, zählen die Neuapostolische Kirche, die baptistischen Gemeinden (evangelische christliche Baptisten, International Baptist Convention, reformierte Baptisten, Bibel Baptisten und andere) und die evangelisch-freikirchlichen Baptisten.

In Deutschland leben ungefähr vier Millionen Muslime, darunter 2,9 Millionen Sunniten, 500.000 Aleviten und 280.000 Schiiten. Insgesamt machen sie fünf Prozent der Bevölkerung aus. Es gibt etwa 1,4 Millionen orthodoxe Christen. Zu den kleineren Religionsgemeinschaften zählen Buddhisten, Hindus, Zeugen Jehovas und Scientology. Die jüdische Gemeinde zählt etwa 200.000 Mitglieder. Etwa 28 Millionen Menschen (33 Prozent der Bevölkerung) gehören entweder keiner Religionsgemeinschaft an oder sind Mitglieder nicht eingetragener religiöser Gruppen.

Abschnitt II. Achtung der Religionsfreiheit durch die Regierung

Rechts- und ordnungspolitischer Rahmen

Das Grundgesetz (die Verfassung) sowie andere Gesetze und politische Maßnahmen schützen die Religionsfreiheit.

Es besteht keine staatliche Registrierungspflicht für Religionsgemeinschaften, und religiöse Gruppen können sich ohne Einschränkung zu privaten religiösen Zwecken organisieren. Religiöse Organisationen, die als gemeinnützige und damit steuerbefreite Vereine gelten wollen, müssen eingetragen sein. Anträge auf Eintragung werden von Behörden auf Länderebene geprüft und die Steuerbefreiung wird üblicherweise gewährt. Wenn die Entscheidung angefochten wird, unterliegt sie der gerichtlichen Prüfung. Die Gruppen, die eine Steuerbefreiung beantragen, müssen belegen, dass sie gemäß ihrer Satzung, Geschichte und Aktivitäten eine Glaubensgemeinschaft sind.

Kirche und Staat sind getrennt, allerdings bestehen besondere Beziehungen zwischen dem Staat und den als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ anerkannten Religionsgemeinschaften. Jede Religionsgemeinschaft kann den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragen, der sie berechtigt, Gefängnis-, Krankenhaus- und Militärgeistliche zu ernennen und von ihren Mitgliedern Beiträge zu erheben (im Durchschnitt neun Prozent der Einkommensteuer), die der Staat in ihrem Auftrag einzieht. Körperschaften des öffentlichen Rechts zahlen für diese steuerliche Dienstleistung eine Gebühr an den Staat, aber nicht alle Gruppen machen hiervon Gebrauch. Der Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ ermöglicht Steuerbefreiungen und die Vertretung in Aufsichtsräten öffentlicher Fernseh- und Radioanstalten.

Die Entscheidung über den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts wird auf Länderebene aufgrund bestimmter Voraussetzungen getroffen; dazu zählen die langfristige Bestandsgarantie, die Größe der Organisation sowie die Feststellung, dass die Organisation der verfassungsmäßigen Ordnung und den Grundrechten nicht feindlich gegenübersteht. Etwa 180 Religionsgemeinschaften wurde der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts zuerkannt, dazu gehören die evangelische und katholische Kirche, die Jüdische Gemeinde, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), die Adventisten des Siebenten Tages, die Mennoniten, die Baptisten, die Methodisten, die Christlichen Wissenschaftler und die Heilsarmee. 13 der 16 Bundesstaaten haben den Zeugen Jehovas den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts zuerkannt. Es gibt keine muslimische Gemeinde mit dem Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Regierung betrachtet Scientology nicht als Religion und die Organisation ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Gelegentlich standen islamische und andere religiöse Praktiken, darunter der Ruf der Gläubigen zum Gebet, die rituellen islamischen und jüdischen Schlachtpraktiken oder die Trennung von älteren Jungen und Mädchen im Sportunterricht in Konflikt mit dem Gesetz. Es gibt beispielsweise einen Konflikt zwischen rituellen Schlachtungen und den Tierschutzgesetzen, obwohl es eine begrenzte Zahl von Ausnahmeregelungen gibt.

In acht Bundesländern gilt für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen das Kopftuchverbot und in einigen Fällen ein Verbot aller religiöser Symbole. In einigen Bundesländern gilt dies für alle Beamte. Die Gerichte haben das Kopftuchverbot in einigen Fällen bestätigt.

Laut Strafgesetzbuch ist die Störung der öffentlichen Ordnung durch die Beleidigung des Glaubens, von Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen verboten. Verstöße werden mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe geahndet.

Einigen religiösen Gruppen wird aus geschichtlichen oder kulturellen Gründen staatliche Förderung gewährt. Aufgrund der Rolle des Staates während des Holocaust haben sich die Bundesländer dauerhaft zur finanziellen Unterstützung der jüdischen Gemeinde verpflichtet. Dazu zählt auch die Renovierung alter sowie der Bau neuer Synagogen. Die Länderregierungen zahlen auch Zuschüsse an verschiedene konfessionelle Institutionen wie konfessionsgebundene Schulen und Krankenhäuser.

Einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und dem Zentralrat der Juden zufolge erhält die jüdische Gemeinde zusätzliche finanzielle Unterstützung für den Erhalt des jüdischen Kulturerbes, den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde und die Unterstützung von Integration und Sozialarbeit. Im Berichtsjahr stellte der Staat hierfür zehn Millionen Euro zur Verfügung. Die Bundesregierung trägt zudem zur Finanzierung des Instituts für Jüdische Studien in Heidelberg, des Seminars für Rabbiner an der Universität Potsdam und des Leo Baeck Instituts bei. Die Bundesregierung übernimmt darüber hinaus 50 Prozent der Kosten für den Unterhalt jüdischer Friedhöfe.

Obwohl das Gesetz die Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit verbietet, entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Regierung „nichttraditionelle“ Religionen als „Sekten“, „Jugendreligionen“ und „Jugendsekten“ einordnen und der Öffentlichkeit „genaue Informationen“ über sie zur Verfügung stellen und vor ihnen warnen darf. Laut dieser Regelung darf die Regierung diese religiösen Gruppen jedoch nicht durch die Verwendung von Begriffen wie „destruktiv“, „pseudo-religiös“ oder „manipulativ“ diffamieren.

Der Status der Scientology-Kirche ist weiterhin ungeklärt. Weder das Bundesverfassungsgericht noch andere Gerichte auf Landesebene haben explizit darüber geurteilt, ob Scientology eine Religion ist. Regierungsbehörden auf Bundes- und Landesebene haben Regeln und Verfahren, die Scientology als Gruppe sowie die Mitglieder von Scientology diskriminieren. Vier der großen politischen Parteien – die Christlich Demokratische Union (CDU), die Christlich-Soziale Union (CSU), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Freie Demokratische Partei (FDP) – haben Scientologen von der Mitgliedschaft in ihrer Partei ausgeschlossen.

Alle Bundesländer bieten Religions- und Ethikunterricht an. Die meisten öffentlichen Schulen bieten evangelischen und katholischen Religionsunterricht in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Kirche und, bei einer ausreichenden Zahl interessierter Schüler, auch jüdischen Religionsunterricht an. In den meisten Bundesländern können Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen möchten, stattdessen das Fach Ethik belegen. Im Allgemeinen gestatten die Landesbehörden religiösen Gruppen die Einrichtung von Privatschulen, soweit grundlegende Anforderungen des Lehrplans eingehalten werden.

Die Bundesregierung bleibt in Bezug auf Religion neutral. Es gibt keine offizielle Staatsreligion. Religiöse Feiertage werden nicht zu nationalen Feiertagen erklärt. Die einzelnen Bundesländer entscheiden, welche religiösen Feiertage gelten; diese sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.

Deutschland ist ein aktives Mitglied der Task Force für Internationale Zusammenarbeit bei Bildung, Gedenken und Forschung zum Holocaust.

Praktiken des Staates

Es lagen keine Berichte über Verstöße gegen die Religionsfreiheit vor.

Die Diskriminierung und Ungleichbehandlung einiger religiöser Minderheiten war weiterhin ein Problem auf kommunaler Ebene und in einigen Bundesländern. Einige Landesregierungen und Bundesbehörden erkannten gewisse Glaubensorganisationen weiterhin nicht als Religion an, sodass sie nicht in den Genuss der Steuervorteile gelangten. Dies hinderte sie allerdings nicht daran, ihre religiösen Aktivitäten öffentlich und privat auszuüben.

Die Länder Bremen und Baden-Württemberg erkannten die Zeugen Jehovas weiter nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts an. Der 2006 in Nordrhein-Westfalen gestellte Antrag der Gruppe blieb weiterhin unentschieden. Die Zeugen Jehovas konnten die Bedenken dieser Bundesländer in Bezug auf einige von den verfassungsmäßigen Rechten von Kindern abweichende Ansichten der Zeugen Jehovas – wie bei Bluttransfusionen für Kinder – nicht ausräumen. Am 26. Januar urteilte das Verwaltungsgericht Mainz, dass das Land Rheinland-Pfalz den Zeugen Jehovas den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts zusprechen muss. Laut Gericht gäbe es keine triftigen Gründe dafür, die Organisation nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzuerkennen, da die Gemeinde die grundlegenden Prinzipien der Verfassung achte.

Scientologen berichteten über Fälle von Diskriminierung durch staatliche Behörden. Obwohl einige Gerichte auf Bundes- und Landesebene die unangemessene Verwendung sogenannter „Sektenfilter“ verurteilten, die zur Boykottierung von Scientologen genutzt werden, und um sie auf eine schwarze Liste zu setzen, wurden sie im öffentlichen Sektor weiter genutzt. Im Rahmen des Sektenfilters sollen mögliche neue Mitarbeiter schriftlich bestätigen, dass sie keinen Kontakt zu Scientology pflegen, nicht an Ausbildungskursen teilnehmen und die Grundsätze von Scientology ablehnen.

Im Januar schrieb die Stadt Hamburg ein Grundstück zum Verkauf aus, legte aber fest, dass mögliche Käufer einen „Sektenfilter“ unterzeichnen müssten, in dem sie erklären, dass weder sie noch ihre Mitarbeiter Scientologen seien, und dass die Unternehmen, die auf dem Grundstück tätig würden, nicht mit Scientologen aus dem In- oder Ausland zusammenarbeiteten. Im Juli schrieb das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit Verträge über Gebäudereinigung aus, die einen ähnlichen Sektenfilter beinhalteten.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesverfassungsschutzämter in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen beobachteten die Aktivitäten der Scientology-Kirche, wobei der Schwerpunkt auf der Bewertung der Veröffentlichungen und der öffentlichen Aktivitäten von Scientology lag, um festzustellen, ob sie die Verfassung verletzten. Die Scientology-Kirche berichtete, dass Vertreter des Verfassungsschutzes regelmäßig Scientologen kontaktierten, um sie über die Organisation zu befragen. Die Kirche berichtete ebenfalls, dass das Amt für Verfassungsschutz Namen der Mitglieder aus Publikationen der Kirche sammle und diese Informationen archiviere, um sie in Einbürgerungs- und Einstellungsverfahren zu verwenden.

Eine Reihe von muslimischen Gruppen, die der Verfolgung extremistischer Ziele verdächtigt werden, wurde weiterhin von den Verfassungsschutzämtern auf Bundes- und Landesebene beobachtet. Zu diesen Organisationen gehört beispielsweise die „Islamische Gemeinschaft Deutschland“, die mit der Muslimbruderschaft in Verbindung steht, deren Ideologie die Verfassungsschutzämter als „sozial desintegrativ“ betrachten. Die Verfassungsschutzämter verdächtigten auch die 30.000 Mitglieder umfassende „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“ der Verbreitung antidemokratischen islamistischen Gedankengutes.

Politische Mandatsträger hatten Einwände gegen die Verteilung kostenloser Ausgaben des Korans durch salafistische Muslime, obwohl die Mehrheit einräumte, es sei legal. Günter Krings von der Regierungspartei CDU sagte: „Wo immer dies möglich ist, muss diese aggressive Aktion gestoppt werden“. Die Regierung beauftragte einen Zweig des Sicherheitsdienstes mit der Überwachung der Koranverteilungen.

Es gibt mehr Islamunterricht an öffentlichen Schulen. Da Bildung im Verantwortungsbereich der Länder liegt und keine landesweit anerkannte islamische Organisation existiert, die bei der Entwicklung eines Lehrplans oder des Unterrichtsangebots behilflich sein könnte, variierten Form und Inhalt des Islamunterrichts von Bundesland zu Bundesland. Die alevitische Gemeinde bot in sieben Bundesländern Religionsunterricht an, an denen etwa 12.000 Schüler teilnahmen. Die Lehrpläne wurden im Allgemeinen in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landesregierungen entwickelt. Nordrhein-Westfalen war das erste Bundesland, das alevitischen Religionsunterricht in Sekundarschulen anbot.

Im August legten zwei Lehrerinnen aus Nordrhein-Westfalen beim Verfassungsgericht gegen das Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen in diesem Bundesland Beschwerde ein. Das Verfahren war zum Jahresende noch anhängig.

Im März entschied das Arbeitsgericht Berlin gegen einen Zahnarzt, der sich im Jahr 2011 geweigert hatte, eine muslimische Frau trotz ihrer Qualifikation als Auszubildende zu beschäftigen, da sie ihr Kopftuch nicht ablegen wollte. Das Gericht entschied, dies sei ein Fall von Diskriminierung aufgrund der religiösen Überzeugung und verstoße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zur Gleichbehandlung. Das Gericht gab an, ein Kopftuch sei kein „beliebiges Kleidungsstück“, sondern Ausdruck der religiösen Überzeugung, und dass das Tragen des Kopftuchs Teil des Rechts auf Religionsfreiheit sei. Das Gericht verurteilte den Zahnarzt zur Zahlung von Schmerzensersatz von 1.500 Euro.

Im November unterzeichnete der Hamburger Bürgermeister das erste Abkommen dieser Art mit der islamischen und alevitischen Gemeinde, das die Stadt dazu verpflichtet, die Freiheit zu gewährleisten, den islamischen Glauben auszuüben, islamische Bildung in öffentlichen Schulen zu fördern, islamische Feiertage und Beisetzungstraditionen anzuerkennen. Im Gegenzug einigten sich alle Parteien auf eine Verurteilung von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Glaube und politischen Ansichten.

Im August nahmen die Behörden in Nordrhein-Westfalen den Islamunterricht in den regulären Lehrplan öffentlicher Schulen auf. Der Inhalt wurde von einem Beratungsgremium aus vier Mitgliedern der muslimischen Dachorganisation „Koordinationsrat der Muslime“ (KRM) und vier Regierungsmitgliedern unter Zustimmung des KRM festgelegt. Muslimische Gruppen in Nordrhein-Westfalen begrüßten diese Entwicklung öffentlich. In Oktober eröffneten die Bildungsminister das Zentrum für islamische Theologie mit jeweils einem Campus in Münster und Osnabrück. Das über fünf Jahre angelegte Pilotprojekt der Landesregierung Bayerns zum Islamunterricht besteht weiterhin. Insgesamt boten 265 Schulen, hauptsächlich Grundschulen, Islamunterricht für etwa 10.500 Schüler an und beschäftigten rund 70 Lehrer.

Sowohl jüdische als auch muslimische Gruppen äußerten vehement ihr Missfallen über die Entscheidung eines Bezirksgerichts in Köln vom Juni, laut der die Beschneidung von Jungen aus nicht-medizinischen Gründen als Misshandlung eingestuft wurde. Die Bundesregierung reagierte auf die Kritik von Juden und Muslimen mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs, mit dem gewährleistet werden soll, dass die Beschneidung von Jungen weiterhin legal bleibt. Das Thema löste eine umfassende gesellschaftliche Debatte aus, bevor beide Kammern des Parlaments im Dezember ein neues Gesetz verabschiedeten, das die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen zulässt, solange dies ohne unnötige Schmerzen und medizinisch korrekt durchgeführt wird.

Das Verteidigungsministerium konnte kein Amt für einen muslimischen Seelsorgern einrichten, da man sich mit den unterschiedlichen muslimischen Gruppen nicht auf eine Vorgehensweise einigen konnte. Unabhängig davon hat das Ministerium einen Verhaltenskodex entwickelt und umgesetzt, um den schätzungsweise 3.000 muslimischen Soldaten die Ausübung des Islam zu erleichtern.

Im Dezember unterzeichnete das Land Niedersachsen Abkommen mit zwei muslimischen Gruppen, um muslimische Gefängnisseelsorger auszuwählen und auszubilden, damit die religiöse Unterstützung muslimischer Gefangener ausgeweitet und erleichtert wird.

Abschnitt III Status der Achtung der Religionsfreiheit durch die Gesellschaft

Es gab Berichte über Übergriffe oder Diskriminierung in der Gesellschaft aufgrund von Religionszugehörigkeit oder -ausübung sowie der religiösen Überzeugung. Da ethnische Abstammung und Religion oft untrennbar miteinander verbunden waren, war es schwierig, einige Vorfälle speziell auf ethnische oder religiöse Intoleranz zurückzuführen.

Den jüngsten Statistiken zufolge verzeichnete das Bundesamt für Verfassungsschutz 16.873 rechtsextreme Fälle „politisch motivierter Kriminalität“ (PMK), von denen 1.162 als antisemitisch eingestuft wurden. In 22 dieser Fälle kam es zu Gewalt. Im Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz für das Jahr 2011 wurden außerdem 8.687 linksgerichtete Straftaten verzeichnet, 1.809 davon Gewaltverbrechen. Das Bundeskriminalamt (BKA) definiert „politisch motivierte Kriminalität“ (PMK) als Straftaten, die in Zusammenhang mit der Ideologie, Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Abstammung, sexuellen Orientierung, einer Behinderung, den Eltern oder dem sozialem Status des Opfers verübt werden.

Behörden und Nichtregierungsorganisationen (NRO) schrieben die meisten antisemitischen Taten Neonazigruppen oder anderen rechtsgerichteten Gruppen oder Einzelpersonen zu, von denen einige behaupteten, Juden stünden hinter negativen modernen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Nichtregierungsorganisationen, die antisemitische Taten beobachten und bekämpfen, berichteten, es gäbe eine steigende antisemitische Tendenz unter jungen Muslimen, die immer häufiger in Angriffe auf und Belästigung von Juden verwickelt sind. Die Bundesbehörden gingen im Allgemeinen gegen antisemitische Übergriffe vor.

Die am meisten verbreiteten antisemitischen Taten waren Schändungen jüdischer Friedhöfe oder anderer Gedenkstätten mit Schmierereien wie Hakenkreuzen.

Im Februar beleidigte eine Gruppe von Fans in einem Streit nach einem Spiel einen israelischen Fußballspieler, der für einen deutschen Fußballverein spielt. Die Täter sollen den Spieler mit Nazigesten beleidigt und als „Drecksjuden“ bezeichnet haben. Die Polizei wurde sofort gerufen und der Fanverband entschuldigte sich später für den Vorfall.

Am 28. August griff eine Gruppe Jugendlicher Rabbi Daniel Alter an und drohte damit, seine siebenjährige Tochter zu töten. Alter, der mit seiner Tochter in Berlin die Straße entlangging, war an seiner Kippa als Jude erkennbar. Der Rabbi trug einen gebrochenen Wangenknochen davon und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Zum Jahresende hatte die Polizei in dem Fall niemanden verhaftet. Nach dem Vorfall protestierten bis zu 1.000 überwiegend jüdische Demonstranten in Berlin gegen den Vorfall.

Die Entstehung einer beträchtlichen muslimischen Minderheit führte zu sozialen Spannungen, die gelegentlich einen religiösen Unterton hatten. Am 13. November kaufte der Beirat einer islamischen Gemeinde eine seit langem leerstehende Kirche in Hamburg, um aus ihr ein religionsübergreifendes Zentrum zu machen. Die Öffentlichkeit und die Medien reagierten auf den Kauf mit Skepsis und unterschwelligen Ängsten vor der Islamisierung des Landes. Zum Jahresende wurden noch Renovierungen ausgeführt.

Die Partei Pro NRW sponserte während des Landtagswahlkampfs im Mai einen Karikaturenwettbewerb zum Thema Islam. Die Partei zeigte die prämierten Karikaturen vor Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen. Eine Veranstaltung vor der König-Fahd-Akademie in Bonn endete gewaltsam. Die Polizei verhaftete schätzungsweise 100 Personen, die gegen die Karikaturen protestierten. 29 Polizisten wurden verletzt.

Die katholische und die evangelische Kirche lehnten Scientology weiterhin öffentlich ab, obwohl Presseberichte und öffentliche Reaktionen auf Scientology abnahmen. Einige private Organisationen gaben weiterhin Warnungen zu außerschulischen Zusatzkursen von Scientology heraus.

„Sektenbeauftragte“ – hauptsächlich Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche – untersuchten „Sekten, Kulte und Psychogruppen“ und veröffentlichten über die Gruppen, was ihres Erachtens eine Gefahr darstellen könnte. Die Sektenbeauftragten der evangelischen Kirche waren besonders aktiv bei der Warnung der Öffentlichkeit vor angeblichen Gefahren durch die Vereinigungskirche, Scientology, Bhagwan-Osho, Transzendentale Meditation und Universelles Leben. Die gedruckten und im Internet veröffentlichten Unterlagen der Sektenbeauftragten stellten diese Gruppen unvorteilhaft dar.

Viele zivilgesellschaftliche Gruppen versuchten die Achtung der Religionsfreiheit in der Gesellschaft durch Programme zur Förderung von Toleranz, religionsübergreifende Gruppen und offenen Dialog zu verbessern. Jüdische und muslimische Gemeinden in Berlin nahmen an einem türkisch-jüdischen runden Tisch teil, bei dem die Teilnehmer die Grenzen der Integration und Wege zur Förderung religiöser Toleranz erörterten. Jüdische Nichtregierungsorganisationen wie der Zentralrat der Juden in Deutschland unterstützten verschiedene von der Regierung geförderte Bildungsprogramme für mehr Toleranz, die sich auf Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit konzentrieren. Sie spielten häufig eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Gesetzesvorschlägen, die Religionsgruppen betreffen, wie beispielsweise das Gesetz über rituelle Beschneidung.

Abschnitt IV – US-Regierungspolitik

Die Botschaft und die Konsulate haben die Reaktionen des Staates auf antisemitische Vorfälle aufmerksam verfolgt und der ablehnenden Haltung der US-Regierung gegenüber antisemitischen Handlungen Ausdruck verliehen.

Vertreter der US-Botschaft und der Konsulate kamen häufig mit Vertretern der religiösen Gruppen zusammen, um über ihre Anliegen zu sprechen. Sie nahmen an Aktivitäten zur Förderung der positiven Einstellung gegenüber religiösen Minderheiten, einschließlich der muslimischen Gemeinde, teil. Die Botschaft und die Konsulate haben ein aktives Programm zum Dialog mit den Muslimen durchgeführt, das Austauschprogramme, Öffentlichkeitsarbeit und Vorträge von Gastrednern umfasst. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehören auch Veranstaltungen und Treffen mit der muslimischen und der jüdischen Gemeinde, die regelmäßig von Mitarbeitern der Botschaften und Konsulate durchgeführt werden. Sie hielten auch engen Kontakt zu jüdischen Gruppen und beobachteten antisemitische Vorfälle weiterhin. Vertreter der Botschaft arbeiteten darüber hinaus auch mit religionsübergreifenden Gruppen wie zum Beispiel dem Haus der Religionen in Niedersachsen zusammen, das regelmäßig protestantische Christen, Katholiken, Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Bahais zusammenbringt.

Vertreter der Botschaft und der Konsulate haben sich mit Bahais, Aleviten, Kopten Sufis, Vertretern der Konrad-Adenauer-Stiftung, des Zentralrats der Muslime, des Zentralrats der Juden, der Scientology-Kirche, mit Menschenrechtsorganisationen und Bundestagsmitarbeitern getroffen, um über Religionsfreiheit zu sprechen.

Originaltext: International Religious Freedom Report for 2012Germany

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Ein Gedanke zu “Demokratie und Menschenrechte in Deutschland

  1. Ich traue meinen Augen nicht, lese ich richtig?

    Muslime werden in Deuschistan diskriminiert? Sie bekommen wohl auf Kosten und dem Rücken der Steuerzahler noch nicht genug Sozialleistungen? Leistungen, die nicht einmal Deutsche bekommen, die aber dafür bluten müssen.

    Wenn es Muslimen, die unseren Politikern längst sagen wo es lang geht, die auch noch unsere Polizisten mit Messern und Steinen angreifen, in Deutschistan nicht paßt und sie sich diskriminiert fühlen, frage ich, warum gehen sie dann nicht zurück in ihre Heimatländer? Die Antwort ist einfach, weil sie von ErdoWAHN keine Leistungen fürs Nichtstun bekämen. Außerdem haben sie sich auf die Fahnen geschrieben, das Christentum zu vernichten, diese Wölfe im Schafspelz!

    Muslime fühlen sich also in Deutschistan als Minderheit? Dann sollte diese sich auf dem Bauche kriechende deutsche Regierung vielleicht überlegen, wie sie den Muslimen noch mehr Zucker in den Ar…. blasen kann. Wie wäre es die Türkei in Deutschistan einzugliedern und Herrn ErdoWAHN auch gleich das Zepter zu übergeben? Das wäre doch ganz im Sinne dieser Grünen und Roten Kommunisten.

    Dieses Pack, das uns die Regierung hier zumutet, das zudem immer unverschämter wird und immer größere Forderungen stellt, ist eine Unverschämtheit. Deren Religionsfreiheit geht in einem christlichen Land noch nicht weit genug? Deren Religion heißt Machtübernahme. Wir haben in Deutschland inzwischen mehr Moscheen als Kirchen und die werden von denen auch noch übernommen und da schreien die immer noch nach MEHR.
    Schmeißt sie endlich aus dem Land und mit ihnen all jene, die es soweit kommen ließen.
    Mit keiner anderen Minderheit gibt es solche Probleme, wie mit den Mohammedanern. Es ist zum Kotzen!

    Wer den Angaben zur Statistik über Links- und Rechtsextreme Taten glaubt, dem kann ich nur empfehlen, sich auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen.
    Das Ausschreitungen in der Mehrheit von Linken begangen werden, steht für mich außer Frage. Straftaten der Linken werden von Politikern und Medien nur zu gern sog. Rechten zugeschrieben, daher sind es angeblich auch mehr „Rechte“ Straftaten.
    Es ist ja ohnehin schon jeder Rechts, der über eine eigene Meinung verfügt und diese auch vertritt, wenn sie nicht der von oben vorgegebenen entspricht.

    Ich habe noch nie gehört, daß Scientology derart unverschämte und ausufernde Forderungen an den hiesigen Steuerzahler stellt. Sie stellen überhaupt keine Forderungen, soweit mir bekannt ist.

    Deshalb bin ich der Meinung, wer sich hier partout nicht anpassen will und nur Forderungen stellt, RAUS!!!!!!!!! Und das hat NICHTS mit Ausländerfeindlichkeit zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand. Müssen sog. „Volksvertreter“ dem deutschen Volk gegenüber keinen Eid mehr abgeben, in dem es heißt:
    „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Gilt das nicht mehr, weil es von Minderheiten bzw. Andersgläubigen als rassistisch, diskriminierend und Ausländerfeindlichkeit verstanden werden könnte?

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